Stress: ein kleiner Überblick.

Stress. Jeder kennt ihn, keiner will ihn.

Was aber genau ist Stress? Hier ein kleiner Überblick.

Stress ist ein physiologischer und psychologischer Zustand, der auftritt, wenn eine Person mit Herausforderungen, Belastungen oder Bedrohungen konfrontiert wird, die ihre Bewältigungsfähigkeiten übersteigen. Dieser Zustand resultiert aus der Reaktion des Körpers auf stressauslösende Faktoren, auch als Stressoren bekannt, die sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Leben auftreten bzw. die auch von außen wie auch von innen kommen können. Stress kann positive oder negative Auswirkungen haben, abhängig von der Intensität und Dauer der Belastung sowie den individuellen Bewältigungsstrategien.

Positiver Stress wird auch Eustress gennant, negativer Distress.

Der Unterschied zwischen Eustress und Distress liegt in der Art der Belastung und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Organismus:

  1. Eustress:
    • Definition: Eustress bezieht sich auf positiven oder förderlichen Stress, der als stimulierend und motivierend wahrgenommen wird. Dieser Stress ist in der Regel kurzfristig und aktiviert den Körper auf eine Weise, die als leistungssteigernd erlebt wird.
    • Beispiele: Eustress kann bei positiven Lebensereignissen auftreten, wie einer Hochzeit, dem Beginn eines neuen Jobs oder sportlichen Herausforderungen. Es handelt sich um stressige Situationen, die als aufregend und förderlich für persönliches Wachstum empfunden werden.
  2. Distress:
    • Definition: Distress bezieht sich auf negativen oder schädlichen Stress, der als belastend und bedrohlich wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu Eustress ist Distress oft längerfristig und kann negative Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit haben.
    • Beispiele: Distress kann durch schwierige Lebenssituationen wie finanzielle Probleme, persönliche Verluste, Konflikte am Arbeitsplatz oder gesundheitliche Probleme ausgelöst werden. Diese Art von Stress wird oft als unangenehm und hinderlich für das Wohlbefinden empfunden.

Beide Formen von Stress aktivieren die gleichen physiologischen Mechanismen im Körper, einschließlich der Freisetzung von Stresshormonen wie Cortisol und der Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der subjektiven Wahrnehmung und den langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit. Während Eustress als förderlich und motivierend betrachtet wird, ist Distress mit negativen Konsequenzen verbunden, wenn er über einen längeren Zeitraum anhält und nicht angemessen bewältigt wird.

Die Erforschung von Stress hat eine lange Geschichte, die sich über verschiedene Disziplinen erstreckt. Der Begriff “Stress” wurde erstmals vom ungarisch-kanadischen Endokrinologen Hans Selye in den 1930er Jahren eingeführt. Selye definierte Stress als die nicht spezifische Reaktion des Körpers auf jede Form von Belastung. Seine Arbeit trug zur Entwicklung des modernen Verständnisses von Stress bei und führte zur Identifizierung von drei Phasen der Stressreaktion: Alarmphase, Widerstandsphase und Erschöpfungsphase.

Neben Hans Selye haben mehrere Forscher und Wissenschaftler einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung von Stress geleistet. Hier sind einige wichtige Persönlichkeiten auf diesem Gebiet:

  1. Walter Cannon (1871–1945): Cannon war ein amerikanischer Physiologe, der den Begriff “Kampf oder Flucht” (fight or flight) prägte. Er trug dazu bei, das Verständnis darüber zu vertiefen, wie der Körper auf Stress reagiert, insbesondere in Bezug auf das autonome Nervensystem und die Freisetzung von Stresshormonen.
  2. Richard Lazarus (1922–2002): Lazarus war ein amerikanischer Psychologe, der einen entscheidenden Beitrag zur kognitiven Theorie des Stresses leistete. Er betonte die Bedeutung der individuellen Bewertung von Stressoren und argumentierte, dass nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch die subjektive Wahrnehmung eine Rolle bei der Stressreaktion spielen.
  3. *Robert Sapolsky (1957): Sapolsky ist ein amerikanischer Neurowissenschaftler und Primatenforscher, der sich auf die biologischen Grundlagen von Stress spezialisiert hat. Sein Werk “Why Zebras Don’t Get Ulcers” ist ein populärwissenschaftliches Buch, das einen umfassenden Einblick in die Physiologie des Stress bietet.
  4. Susan Folkman (1944–2009): Folkman war eine amerikanische Psychologin, die zusammen mit Richard Lazarus die transaktionale Stressbewältigungstheorie entwickelte. Diese Theorie legt den Fokus auf die individuelle Bewältigung von Stressoren und betont die Bedeutung der Einschätzung von Kontrollmöglichkeiten.

Diese Forscher haben maßgeblich dazu beigetragen, das Verständnis von Stress in verschiedenen Disziplinen, darunter Medizin, Psychologie und Neurowissenschaften, zu erweitern. Ihre Arbeiten haben geholfen, sowohl die physiologischen als auch die psychologischen Aspekte des Stressphänomens zu beleuchten.

Die moderne Gesellschaft hat sich zu einer Hochstress-Umgebung entwickelt, in der berufliche Anforderungen, soziale Erwartungen und technologische Beschleunigung zu anhaltendem Stress führen können. Technologische Fortschritte haben auch dazu geführt, dass Stressoren in Form von Information Overload und ständiger Erreichbarkeit durch digitale Medien zugenommen haben. Unsere Gesellschaft und die Anforderungen sind nicht mehr gesund.  Weder das Tempo noch die “höher, weiter, mehr” Mentalität stehen in Relation zu unserer Biologie und unserer Belastbarkeit.

Chronischer Stress kann schwerwiegende Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit haben. Es wird mit einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und anderen psychischen Störungen in Verbindung gebracht. Die Bewältigung von Stress ist daher zu einem wichtigen Aspekt der modernen Gesundheitsprävention geworden.

Die Entwicklung effektiver Stressbewältigungsstrategien ist entscheidend, um die negativen Auswirkungen von Stress zu minimieren. Dazu gehören Techniken wie Entspannungsübungen, regelmäßige körperliche Aktivität, soziale Unterstützung, Zeitmanagement und Achtsamkeit. Individuen und Organisationen erkennen zunehmend die Bedeutung von Stressmanagementprogrammen am Arbeitsplatz an, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern. Denn die Zahlen sprechen für sich.

Es ist bedauerlich festzustellen, dass in den letzten Jahren die Zahl der Krankschreibungen aufgrund von Stressfolgen, insbesondere im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen, in Deutschland zugenommen hat. Die modernen Arbeitsanforderungen, die ständige Erreichbarkeit durch digitale Medien und andere gesellschaftliche Entwicklungen können dazu beitragen, dass Menschen vermehrt unter Belastungen leiden, die sich auf ihre psychische Gesundheit auswirken.

Psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen sind mittlerweile anerkannte Gründe für Arbeitsunfähigkeiten. Eine offene Diskussion über mentale Gesundheit und die Beseitigung von Stigmata sind wichtige Schritte in Richtung einer besseren Prävention und Behandlung. Arbeitgeber und die Gesellschaft insgesamt werden zunehmend dazu aufgefordert, unterstützende Umgebungen zu schaffen, die das Wohlbefinden der Mitmenschen fördern.

Es ist zu hoffen, dass sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene Maßnahmen ergriffen werden, um die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Dies könnte durch verbesserte Arbeitsbedingungen, einen offeneren Umgang mit mentalen Gesundheitsfragen und eine verstärkte Sensibilisierung für die Bedeutung von Stressbewältigung und -prävention erreicht werden.

Stress ist ein komplexes Phänomen, das sowohl historisch als auch gegenwärtig intensiv erforscht wird. Ein umfassendes Verständnis von Stress und effektive Bewältigungsstrategien sind entscheidend, um die Herausforderungen des modernen Lebens erfolgreich zu meistern. Wir sind alle gefragt, individuell wie auch gesellschaftlich.